KI meets HR: Die Top 5-Facts für Personaler

06.02.2024

Es herrscht Aufbruchstimmung: Zwar sind diejenigen, die KI in ihrer Personalarbeit hierzulande tatsächlich nutzen, bislang noch in der Minderheit – einer Studie des Ethikbeirats HR-Tech und des Bundesverbandes der Personalmanager (BPM) zufolge arbeiten derzeit rund 30 Prozent der Unternehmen mit KI-Technologien, pilotieren diese oder planen, dies zu tun. Doch die überwiegende Mehrheit der über 700 befragten Arbeitgebervertreter schätzen den Einsatz von künstlichen Intelligenzen als sinnvolle Stütze ein, um die Qualität ihrer Personalarbeit im Zeitalter der Digitalisierung zu heben.

Welche Formen von künstlichen Intelligenzen derzeit im HR-Bereich eingesetzt werden, wie Personaler KI für ihre HR-Aufgaben sinnvoll nutzen können, welche Vorteile die KI-basierte Personalarbeit mit sich bringt und inwieweit künstliche Intelligenz das Personalwesen beeinflusst, erfahren Sie in diesem Artikel.

1. Quick-Intro: Schneller Einstieg ins Thema KI

Bei Künstlichen Intelligenzen handelt es sich nicht etwa um eine Einzeltechnologie, sondern vielmehr um ein Konglomerat an Lösungen und Prozessen, die eine Maschine dazu befähigen, Aufgaben zu erledigen, für die ein Mensch seine Intelligenz benötigt. Die Grundlage für die Algorithmen bildet die Rechenkapazität, große Datenmengen zu verarbeiten sowie selbstständig aus dieser Datenanalyse zu lernen. Das Ziel: Menschliche Intelligenz nachzubilden. Besonders relevant hierfür sind die Fähigkeiten

  • die Umgebung wahrzunehmen,
  • die dabei erfassten Komponenten zu verstehen,
  • auf ein Ziel ausgerichtet sinnvoll zu handeln und
  • basierend auf dieser Informationsgrundlage dazu zu lernen.

Noch ist es ein weiter Weg, bis menschliche Intelligenz durch Maschinen in ihrer Gänze reproduziert werden kann. Aktuell scheitert es besonders daran, emotionale und soziale Intelligenz künstlich umzusetzen – in Puncto sensomotorische und kognitive Intelligenz wurden jedoch bereits große Fortschritte erzielt, die eine beachtliche Bandbreite von Anwendungsfeldern für KI in unserer Lebens- und Arbeitswelt möglich machen.

2. Was kann KI: Die wichtigsten Einsatzfelder von künstlicher Intelligenz in der HR

Sie suchen nach Inspiration, wie Sie Künstlich Intelligenz in Ihrer Personalarbeit sinnvoll implementieren können? Wir haben Ihnen in den Top 3-HR-Bereichen Recruiting, Personalmanagement und Personalentwicklung einige spannende Beispiele herausgepickt:

KI im Recruiting

Jobcenter in New York trainieren Klienten mittlerweile nicht mehr darauf, Lebensläufe oder Anschreiben für den menschlichen Leser ansehnlich zu erstellen – sondern optimiert für die KI. CV-Parsing, das maschinelle Screening von Lebensläufen, wird dort vor allem in großen Konzernen bereits im großen Stil angewendet und zählt auch in Deutschland zu den am häufigsten genutzten Einsatzmöglichkeiten von KI im HR-Sektor. Damit reagieren Unternehmen auf die wahre Flut von Bewerbungen auf besonders attraktive Stellen: Personalerinnen und Personaler werden entlastet, indem die KI Lebensläufe mit den Grundanforderungen der Stellenausschreibung abgleicht und auf Basis von Phrasen und bestimmten Begriffe vorselektiert. Dieser Prozess kann auch noch weitergedacht werden: Indem die KI auf People Analytics zurückgreift und interne Daten des bisherigen Personals als Parameter – etwa hinsichtlich Fähigkeiten, Erfahrung oder weiteren Merkmalen – heranzieht, oder gar externe Daten wie Informationen über Kandidatinnen und Kandidaten auf LinkedIn, Twitter, Facebook oder branchenspezifischen Plattformen nutzt, bereitet sie Entscheidungen auf Basis einer sehr weitreichenden Datenlage vor. Dabei lernt der Algorithmus beständig dazu und könnte zudem selbstständig Information sammeln, indem er als Chatbot ins Zwiegespräch mit Bewerbenden geht. Auch für die Bewerbenden kann das Zeitersparnis bedeuten: Sie füttern den Bot in weniger als einer Minute lediglich mit den relevantesten Bewerbungs-Facts, ohne ein aufwändiges Anschreiben formulieren zu müssen. Diese Kurzinfo bereitet die KI anschließend strukturiert für die HR-Entscheidenden auf ­– bei Interesse fordern diese dann weitere Details bei den Bewerbenden an. Für wiederkehrende Fragen der Kandidaten sorgt ein Chatbot etwa auf der Karriereseite, implementiert ebenfalls für schnelle Antworten zum Thema offene Stellen, Karriereoptionen oder dem Unternehmen selbst. Erfolgreiche Beispiele sind etwa Kala von Kaufland oder Talk’n Jobs bei Rewe, welcher durch die Kombination aus Stellenausschreibungen mit Barcode und der sofortigen Weiterleitung von Interessenten an den Sprach-Bot die Bewerbungsrate um 40 Prozent ansteigen ließ.

Darüber hinaus sind KIs mittels Analyse von Kennzahlen in der Lage, die effektivsten Kanäle für die Stellenausschreibung ausfindig zu machen. Programatic Advertising sorgt dort für eine passgenaue Ausspielung – sie soll schließlich nur denjenigen angezeigt werden, die auch für den Job in Frage kommen. Der vermiedene Streuverlust lässt die Kosten pro Bewerber sinken – genauso wie die Automatisierung des Einkaufs von Werbeplätzen auf den einschlägigen Karriereplattformen und Jobportalen. Wer proaktiv nach neuen Talenten Ausschau hält, der kann künftig vom sogenannten Robo-Recruiting mittels KI profitieren – hier sucht der Algorithmus in Business-Netzwerken nach passenden Kandidaten für vakante Positionen.

Weiterhin kommt KI beispielsweise in Online-Assessments zum Einsatz, in welchen Kandidaten wie etwa bei Unilever speziell entwickelte Spiele lösen müssen. So können sie auf bestimmte Fähigkeiten oder kognitive und emotionale Eigenschaften getestet und – im Abgleich mit den Daten des vorhandenen erfolgreichen Personals – entsprechend gerankt werden.

KI im Personalmanagement

Es sind vor allem administrative Standardaufgaben, welche HRler im Personalmanagement auf die KI auslagern können. Sie kann Gehälter auszahlen, Urlaubs– und Fehlzeiten managen und die Personaleinsatzplanung insgesamt gerechter und zuverlässiger gestalten – denn hier spielen weder das subjektive Empfinden von Schichtplanern ein Rolle, noch bleiben einzelne der zahlreichen Parameter, egal, ob Wünsche von Mitarbeitern oder Details tariflicher, gesetzlicher oder betrieblicher Natur unberücksichtigt, weil sie beispielsweise vergessen wurden. Erstellt die KI Anfang des Jahres einen Schichtplan, kann sie diesen später zudem flexibel an saisonale Peaks oder konjunkturelle Entwicklungen wie Materialknappheit anpassen. Mittels präskriptiver Datenanalyse lassen sich via KI für letzteres außerdem solide Prognosen berechnen, welche die Personalplanung besser für etwaige Schwankungen rüstet. Darüber hinaus automatisieren es KI-gestützte Softwarelösungen, Angestellten Aufgaben zuzuweisen, Einzelpersonen oder Teams neue Ziele vorzugeben und die geleistete Performance auszuwerten. Wie im Recruiting sind auch im Personalmanagement Chatbots eine beliebte Möglichkeit, um das Personalteam von wiederkehrenden Anfragen zu entlasten. Ganz im Sinne eines komfortablen Employee Self Service können sich Mitarbeitende etwa per Verknüpfung mit Alexa, Siri oder Google Assistant bequem von zuhause aus krankmelden oder ihren Urlaubsantrag per Sprachassistenten vom Küchentisch einreichen – mit minimalem Zeitaufwand auf Seiten des Arbeitgebers.

KI in der Personalentwicklung

Was im ersten Moment vielleicht seltsam klingt: Der Einsatz von KI in der Personalentwicklung ermöglicht es, den Mensch stärker in den Mittelpunkt zu stellen. Per Datenabgleich bringt das intelligente Skill Management zuverlässig Qualifizierungslücken ans Licht. Weil sie zudem individuellen Interessen von Mitarbeitenden mit dem Stand ihrer Fähigkeiten abgleicht, ist sie nicht nur in der Lage, personalisierte Weiterbildung anzuregen, sondern auch entsprechende Trainingsunterlagen zu erstellen. Auf diese Weise lässt sich der Wissensstand in Teams effizient angleichen – bis zu 50 Prozent Präsenztraining kann mitunter eingespart werden.

Auch das Matching des Personals mit offenen Stellen profitiert enorm von den Fähigkeiten künstlicher Intelligenzen: Sie erleichtern Personalern den Überblick über personelle Ressourcen und bringen mittels Big Data-Analyse die passenden Lebensläufe mit den vorhandenen Stellen zusammen. Auch beim Thema Diversität unterstütz die KI Personalverantwortliche, basierend auf Kennzahlen die richtigen Stellschrauben zu drehen. KIs punkten zudem in Sachen Fairness: Weder beeinflussen sie Bewertungen durch persönliche Vorbehalte gegenüber Mitarbeitenden, noch übersehen sie Details – sie arbeiten streng kennzahlenbasiert. Auch qualitative Auswertungen gelingen etwa durch den Einsatz von Textanalyse-Tools, um das Stimmungsbild von Mitarbeitenden genau zu analysieren. Weil künstliche Intelligenzen zudem in der Lage sind, verschiedene Parameter zu kombinieren, lassen sich mit ihrer Hilfe ebenso Kündigungsabsichten aufdecken.

3. Was bringt’s: 4 Vorteile Künstlicher Intelligenz für Ihre HR-Arbeit

Sicher, ganz billig sind KI-Software und Tools meist nicht. Doch der Invest in KI in der HR birgt enormes Potential. Mithilfe von Künstlichen Intelligenzen …

  1. entlasten Sie Ihre Führungskräfte: Weil Personalentscheidern Routinejobs abgenommen werden, bleibt ihnen mehr Zeit, um strategisch zu arbeiten sowie in engeren Austausch mit dem Team zu kommen.
  2. pushen Sie Ihr Recruiting: KIs optimieren Recruiting-Workflows und -Prozesse, sei es durch automatisiert geschaltete, optimierte Stellenanzeigen, Robo-Recruiting, den schlankeren Bewerbungsprozess aufgrund von Chatbots oder die Vorselektion mittels CV-Parsing.
  3. fördern Sie die Mitarbeiterbindung: faire Bewertungen, individuelle und passgenaue Weiterbildung, schneller Informationsfluss, die besseren Benefits im Vergleich zur Konkurrenz und mehr Zeit für die persönliche Betreuung durch das HR-Team – mit Hilfe von KIs in der HR stärken Sie Ihre Employer Brand und profitieren von zufriedenen, loyalen Mitarbeitenden.
  4. sparen Sie Kosten: effizientere Workflows im HR-Team, schnelleres und präziseres Recruiting, gesenkte Fluktuationsrate und stabileres Wissens- und Skill Management – KI im Personalwesen trägt an vielen Punkten dazu bei, Budget einzusparen.

4. Unbedingt beachten: Pro-Tipps für den Einsatz von KI in der HR

Uneingeschränkte Euphorie in Sachen KI im HR-Bereich? Fehlanzeige. Spätestens das desaströse Abschneiden der künstlichen Intelligenz im Recruiting von Amazon – die KI diskriminierte weibliche Bewerbende aufgrund ihres Geschlechtes – macht deutlich: Hier ist aufgrund technischer, ethischer und rechtlicher Risiken Vorsicht angebracht. Die Funktionsweise von KIs ähnelt häufig einer Blackbox, selbst Entwicklern ist es nicht immer möglich, nachzuvollziehen, worin die KI eine Entscheidung begründet.

Tipp 1: Kontrollieren. Den Output und die Daten. Wer nicht penibel den Output kontrolliert, ob die Maschine im Sinne des Erfinders arbeitet, erkennt möglicherweise nicht, wenn diese bestimmte Menschen diskriminiert. Befeuert wird diese Gefahr auch durch sogenannte „dirty Data“: in qualitativer wie quantitativer Hinsicht unzureichende Trainingsdatensätze, auf deren Grundlage die KI lernt und später Entscheidungen trifft. Vor dem Go-Live einen Testlauf mit reduziertem Pool und anschließender manueller Überprüfung zu integrieren, ist daher durchaus empfehlenswert.

Außerdem stößt Künstliche Intelligenz nicht immer auf Gegenliebe. So viele Vorteile der Einsatz von KIs dem eigenen Personal auch bringen mag: führen Sie entsprechende Software für Projekte und im internen Workflow ein, sollten Sie in Hinblick auf die Akzeptanz unbedingt transparent vorgehen.

Tipp 2: Kommunizieren. Das Wie und Warum des Einsatzes von KI. Wer Mitarbeiter abholt und offen darlegt, wie die KI im Unternehmen zum Einsatz kommt, welche Daten ihrer Analyse zugrunde liegen und weshalb sich für die softwaregestützte Arbeit entschieden wurde, vermeidet Unmut und Widerstand gegenüber der neuen Technologie. Außerdem sollte, wenn vorhanden, der Betriebsrat einbezogen werden oder zumindest arbeitsrechtlich genaustens geprüft werden, ob dessen Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen im Betrieb greift.

Wer den Bereich der rechtlichen Absicherung in Sachen KI streift, kommt um das Thema Datenschutz nicht umhin – immerhin lernt und arbeitet KI im HR-Bereich auf Basis personenbezogener Daten.

Tipp 3: Prioritäten setzen. Datenschutz, Compliance und Qualität geht vor Gewinnmaximierung. Der Schutz personenbezogener Daten der eigenen Mitarbeitenden ist absolute Pflicht, die DSGVO – beispielsweise im Art. 88 – gibt vor, worauf zu achten ist. Einen ersten Kriterienkatalog mit konkreten Anforderungen an den KI-Life Cycle hat das BSI außerdem mit dem AIC4 aufgesetzt. Dieser soll als Wegbereiter für vertrauenswürdige, sichere und nachvollziehbare KI-Services dienen. Explizit für den HR-Bereich ausgearbeitete Richtlinien für den verantwortungsvollen Einsatz von KI in der Personalarbeit finden sich beim Ethikbeirat HR-Tech – eine solide Grundlagen für die Ausarbeitung eigener Compliance-Regeln und Standards im Umgang mit der KI im eigenen Unternehmen.

5. Gut zu wissen: So beeinflusst Künstliche Intelligenz die HR-Arbeit – jetzt und in Zukunft

Weltweit, so prognostiziert die Wirtschaftsberatung PwC, wird der Einsatz von KI das Bruttoinlandsprodukt bis 2030 um bis zu 14 Prozent steigen lassen – umgerechnet 15,7 Billionen US Dollar. In Deutschland zieht die Geschwindigkeit derzeit an, immer mehr große Unternehmen erkennen die Chancen im Bereich KI und greifen Trends aus Übersee auf.  Aktuell wird KI in der HR am häufigsten für die

  • Analyse von Lebensläufen (CV Parsing),
  • die Optimierung von Stellenanzeigen,
  • die Nutzung von Chatbots als Ansprechpartner und
  • das Matching von Profilen eingesetzt.

Der Einfluss, den KI auf den HR-Bereich nimmt, zeigt sich besonders im veränderten Anforderungsprofil von Fachkräften für Human Resources. Ihr Job besteht künftig sehr viel weniger in der Abarbeitung wiederkehrender Tasks und Anfragen, sondern vermehrt in der Überwachung von IT-Prozessen. Um ihre Jobs bangen müssen Personaler jedoch nicht: Auch wenn die typische Karriere im HR künftig eine andere Färbung annimmt, braucht es noch immer den Mensch hinter der Maschine. Etwa für die Entscheidung, ob ein qualifizierter Bewerber tatsächlich ins Team passt, ist die KI zwar im Vorfeld ein wichtiger Partner für Personaler. Und doch sind hier Bauchgefühl und ein Gespür für zwischenmenschliche Chemie nach wie vor unerlässlich. Emotionale Intelligenz eben – ein Feld, in dem KIs derzeit noch Nachholbedarf haben.